Über die Autoren
Stefan Evertz M.Sc.
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Wirtschaftsjurist
Immobilieninvestor
Was ist passiert?
Der Sohn des Eigentümers einer Eigentumswohnung in Stuttgart inserierte die Wohnung seines Vaters auf einem Immobilienportal. Angeboten wurde die Wohnung von dem Sohn (der der Beklagten in dem Fall war) für einen Kaufpreis von 245.000 Euro. Hierbei wurde die Wohnungsgröße mit 98 m² angegeben. Vor dem Abschluss des Kaufvertrages wurde die Größe der Wohnung vom Beklagten auf „ca. 89 m²“ geändert. Die Wohnung war aber weder 98 m² noch 89 m², sondern lediglich 78,2 m² groß. Die Käufer forderten daher Schadensersatz vom Sohn.
Warum wurde der Sohn verklagt?
Zunächst wurde der Vater als Verkäufer verklagt. Diese Klage wies das LG Stuttgart jedoch zurück. Es gab keine Beschaffenheitsvereinbarung im notariellen Kaufvertrag. Zudem enthielt der Kaufvertrag einen Haftungsausschluss. Sodass der Sohn in Anspruch genommen wurde.
Drei Mal dürfen Sie also raten, wer in Anspruch genommen wird, wenn die Wohnung über einen Makler verkauft wird…Richtig, der Makler.
Wie entschied das OLG Stuttgart?
Das Oberlandesgericht Stuttgart (Urteil vom 20.12.2018, Az. 14 U 44/18) entschied, dass falsche Angaben über die Größe einer zum Verkauf stehenden Eigentumswohnung gegen das Rücksichtnahmegebot verstoßen und dadurch Schadensersatzansprüche des Käufers auslösen können.
Angaben über die Wohnungsgröße „ins Blaue hinein“ stellen schuldhaftes Handeln und Beeinflussung des Kaufverhaltens dar.
Zudem hatte sich der Beklagte auch bis zum Notartermin als Verkäufer und Eigentümer der Wohnung auftrat, obwohl sein Vater Eigentümer der Wohnung war. Nach Auffassung des Gerichts durften die Kläger davon ausgehen, dass der Beklagte, der zunächst selbst in der Wohnung gelebt hatte, fundierte Angaben zur Wohngröße hatte.
Die Kläger könnten den sogenannten Vertrauensschaden, also den Betrag, um den sie die Wohnung zu teuer erworben haben, verlangen. Der Beklagte hatte insofern „Glück“, dass hier die letzte Angabe von „ca. 89 m²“ herangezogen wurde und er ein „ca.“ vor die Angabe gesetzt hatte.
Denn nur beim Überschreiten eines bestimmten, von der „ca.“-Angabe Bereiches kommt ein Schadensersatzanspruch in Betracht. Das OLG sah bei dem vorliegenden Sachverhalt eine bis zu 5%ige Abweichung von der Größenangabe als zulässig an.
Der Beklagte gab circa 89 m² an, die Wohnung war jedoch „nur“ 78,2 m² groß, was abzüglich des vom Gericht als zulässig erachteten „Spielraums“ von 5%, immer noch 84,55 m² ergibt, sodass die abweichende Differenz von 6,35 m² als Schadensersatz zu zahlen sind, was bei einem Kaufpreis i.H.v. 245.000 € einer Summe von 17.480,34 Euro entspricht.
Anstatt 245.000 € „nur“ 227.519 € erhalten…War´s das?
Natürlich nicht: Hinzu kommen noch Gutachterkosten (529,55 €) sowie die Anwalts- und Gerichtskosten, welche bei dem vorliegenden Streitwert Kosten in Höhe von circa 8.000 € verursacht haben dürfen und das Ganze wird selbstverständlich auch mit 5 % verzinst. War also insgesamt eine schöne Summe…
Übrigens…
Wie hoch die aufgrund einer „ca.“-Angabe erlaubte prozentuale Abweichung ist, kann nicht allgemeinverbindlich beantwortet werden. Hier kommt es auf den Einzelfall und letztlich auch auf die Auslegung des jeweiligen Gerichts an. Das OLG Stuttgart ging von 5% aus, das OLG XY sieht das in einem anderen oder ähnlichen Fall vielleicht ganz anders.
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